Quelle/Fotograf: Chiropraktik Campus
Unser Rückblick auf den Jubiläumskongress und Ausblick auf die Zusammenarbeit
Ein paar Fakten vorab, da sich die International Chiropractors Association (ICA) in den letzten Jahren in Europa sehr zurückgehalten hat: B.J. Palmer gründete die ICA 1938 und war bis zu seinem Tod 1961 Präsident. Von Anfang an verfolgte die ICA vor allem den Ansatz der gesellschaftlichen Durchdringung sowie der Qualitätsgewährleistung in der chiropraktischen Arbeit und Lehre.
Vom 07.-10. April fand anlässlich des 90-jährigen Bestehens des Verbands am renommierten Palmer College in Davenport, Iowa, das Treffen der Staaten-Delegierten statt. Zu unserem Bedauern mussten wir lernen, dass hier – drei Stunden Autofahrt westlich von Chicago – um diese Jahreszeit noch tiefster Winter herrscht. Das war aber auch der einzige Tiefpunkt unserer Reise. Alle Länder, die in der ICA vertreten sind, schickten ihre Vertreter zu dem Treffen und wir wurden als Vertreter für Deutschland eingeladen, Cyrus Marco Djahanbaz repräsentierte den Masterstudiengang, Jaan-Peer Landmann nahm als erster Vorsitzender der DAGC teil. Kai Haselmeyer, der als Board member Council on Chiropractic Practice (CCP) den Kontakt zur ICA hergestellt hat, konnte aus privaten Gründen leider nicht mitfliegen.
Rund um das Meeting im April fanden auch diverse Rundgänge statt, um die Vergangenheit lebendig werden zu lassen, beispielsweise durch das Palmer College und das Haus von B.J. Palmer. Sein Haus ist heute ein Museum. Für uns spannend war, dass B.J.s Frau Mable ebenfalls Chiropraktikerin war und ein Anatomiebuch verfasst hat, das lange Zeit als Standardwerk galt. Zudem war in dem Haus deutlich sichtbar, wie gerne und viel B.J. und Mable in der Welt herumreisten, vor allem in fernöstlichen Ländern. Es gab zahlreiche Buddha-Figuren und andere asiatische Statuen im Haus. Der historische Wert wurde auch mit so etwas Einfachem wie einem seiner Esstische unterstrichen: an einem saß B. J. Palmer mit insgesamt vier US-Präsidenten zusammen. Sein politisches Engagement zielte darauf, die vitalistische Sichtweise der Chiropraktik auch in Gesetzestexten zu verankern.
In der Nähe seines Hauses, das neben dem Chiropractic College steht, war außerdem ein kleiner Radiosender, der immer abends, wenn im TV Sendeschluss war, von Palmer für chiropraktische Sendungen genutzt wurde.
Er sprach hauptsächlich über die Philosophie der Chiropraktik und lud dazu auch Kollegen ein.
Zurück zum ICA Meeting:
Es herrschte eine herzliche Atmosphäre. Etwa 100 Delegierte, von Frankreich bis zu den Bahamas, bewiesen, wie lebendig der globale Austausch ist. Als geladene Teilnehmer hatten auch wir direkt Stimmrecht aber zunächst ging es natürlich um ein Kennenlernen und Herausfinden, inwiefern die ICA und wir einen Weg für eine fruchtbare Zusammenarbeit finden. Bei dem Treffen standen viele verbandsinterne und politische Themen im Fokus. Gleichzeitig diente der Rahmen auch dazu, neue Studien vorzustellen, z.B. zum Risiko von Chiropraktik in der Patientenwahrnehmung.
Wir wurden hier insgesamt sehr wohlwollend aufgenommen, allerdings war auch spürbar, dass wir auf Herz und Nieren geprüft wurden – natürlich vor allem hinsichtlich unserer Qualifikation und unserer Ansichten. Das beinhaltete z.B. einen Vortrag vor versammelter ICA-Mannschaft, in dem wir darlegten, was sich hinter dem Chiropraktik Campus verbirgt, wie das Konzept unseres Masterstudiengangs funktioniert und welche Philosophie dahinter steht. Das Ergebnis spricht für sich: Wir sind vollwertiges ICA-Mitglied.
Nicht ganz uneigennützig, denn die ICA braucht junge Leute – und die haben wir mit unseren Masterstudenten ja. Außerdem will die ICA zukünftig in Europa wieder präsenter sein, speziell der neue Präsident Dr. George Curry legt darauf Wert. Es gab früher schon Konferenzen in Rom und Zürich, Deutschland ist auf der Kandidatenliste nach oben gerückt.
Letztlich sind wir also mit dem klaren Willen zur gemeinsamen Kooperation und Zusammenarbeit auseinandergegangen. Jetzt muss sich der Chiropraktik Campus bewähren, den Kontakt halten, den Master weiter etablieren und die begonnene (Aus-) Bildungsarbeit Deutschland für die Profession auch für jüngere Zielgruppen erschließen. Natürlich haben auch wir vom Chiropraktik Campus etwas davon, Mitglied der ICA zu sein – mal ganz abgesehen von den Möglichkeiten, die sich uns bieten, Kontakte in der internationalen Welt der Chiropraktik zu knüpfen. Die ICA ist ein extrem gut organisierter Verband mit eigenen Fachausschüssen beispielsweise für „Upper Cervical“, „Kinderchiropraktik“ oder „Sportchiropraktik“. Dazu bietet die ICA auch jeweils umfangreiche Fortbildungen, die über drei Jahre gehen und sowohl mit theoretischen als auch praktischen Prüfungen sowie einer Studie abschließen.
Hiervon möchten wir auch in Deutschland zukünftig stärker profitieren. Natürlich können wir nicht über drei Jahre lang an 30 Wochenenden in die USA fliegen, aber es gibt beispielsweise die Überlegung, dass die ICA eine spezielle Version ihrer Ausbildungen nach Deutschland bringt und dann der zuständige Vertreter einmal im Monat nach Deutschland reist, um dort zu lehren. Der Weg für eine gemeinsame Zukunft ist geebnet.
Schon jetzt profitieren die Master-Studierenden des Chiropraktik Campus von der Kooperation. Sie können ganz einfach aktives ICA-Mitglied werden, lediglich ein Formular gilt es auszufüllen.
Für uns liegt der Wert aber auch in der inhaltlich gleichen Position, denn weltweit gibt es eine Tendenz, Chiropraktik auf rein symptombezogene Behandlung auszurichten. So gibt es beispielsweise Verbände, die sich dafür einsetzen, dass Chiropraktiker auch Medikamente verschreiben dürfen, was sie sehr in die Nähe der Schulmedizin rückt. Das widerspricht aber den Wurzeln, der ursprünglichen Idee der Chiropraktik, der wir als Chiropraktik Campus bis heute verhaftet sind. Dieser vitalistische, ganzheitliche Ansatz hat für uns uneingeschränkt Gültigkeit. Wir stehen für die vitalistische Betrachtung des kompletten Organismus und wollen diesen Ansatz in der breiten Öffentlichkeit weiter in den Fokus rücken.
In der ICA haben wir eine Institution gefunden, die diesen Weg ebenfalls in aller Konsequenz verfolgt. Auch George Curry steht dafür und will zusätzliche Energie in die philosophische Ausrichtung der Chiropraktik reintragen. Wir glauben, dass wir gemeinsam viel bewegen können, um – auch in Europa – für die vitalistische Chiropraktik zu kämpfen.
veröffentlicht im Mai 2016